
Zu meinem 50sten hab ich von meiner Familie und lieben Freunden einen Flug im Doppeldecker geschenkt bekommen. Ein langgehegter Wunsch.
Es gab 3 Filme, die mich zu diesem Wunsch inspiriert hatten: 1. Papermoon (ein Film mit einer Rotzfrechen Göre – Tatum O’Neal – die mich natürlich imponierte), 2. Out of Africa – (ein Liebesdrama mit der unvergesslichen Meryl Streep und Robert Redford, das in den weiten Savannen Afrikas spielt), 3. The Devine sSecrets of the Yaya Sisterhood – ein Film der die Kraft einer Frauenclique in den Südstaaten und das Aufarbeiten einer komplizierten Mutter-Tochter Beziehung zeigt)
In jedem dieser Filme gibt es eine Sequenz, wo die Heldin in einen Doppeldecker steigt und die Freiheit der Lüfte geniesst. Das wollte ich auch.
Ich hab es endlich, trotz Corona und nach 3x verschieben getan, ich bin im Doppeldecker, einer Schweizer Bücker von 1939, geflogen.
Ich war doch erst sehr aufgeregt und nervös. Warum? 1. Weil ich nicht ganz sicher war, ob sie mich wegen meinem Gewicht überhaupt mitnehmen und 2. hatte ich Angst, dass das echte Erlebnis meinen Vorstellungen davon nicht gerecht wird und ich enttäuscht sein werde. Was, wenn es nicht so wird, wie ich es mir immer ausgemalt habe?
Doch, es war genau so! Aber erst mal von Anfang an.
Nach der Anmeldung am Flughafen in Grenchen und einigen Hygienevorschriften warte ich in der kleinen Abflughalle auf meinen Piloten Rolf Bläsi. Dieser kommt recht légère daher mit Sandalen, Jeans und kurzem Hemd. Jacke brauch ich schon mal nicht auf meinem Flug. Es ist sehr heiss heute – über 30°C.
Der Einstieg ging mit etwas Anlauf dann doch ganz gut. Nur auf einem kleinen Streifen neben dem Rumpf darf man auftreten. Der Rest des Flügels ist mit Tuch bespannt.
Ich hab sogar eine Ledermütze mit Brille erhalten. Höhenmeter, Geschwindigkeitsmesser, Steuerung, Tankanzeuge (ein durchsichtiges Röhrchen hinter dem Propeller) etc. wurden mir erklärt.
Die altmodischen Gurte und Schliessen wirkten nur bedingt Vertrauens erregend. Rolf hilft mir dabei sie anzuziehen.
Wohin es gehen soll, fragt mich Rolf mein Pilot…und „gell, wir machen schon ein paar Loopings“…..der Flug soll 40 Min. dauern.
Das Handy durfte ich mitnehmen, doch wohin damit ? und erst recht während dem Looping ?…etwas mulmig ist mir schon dabei… aber ich will es doch versuchen… wenn schon, denn schon.
Und schon läuft der Motor und die Propeller drehen sich. Es ist laut.
Wir rollen auf die Piste und schon kurz darauf sind wir in der Luft. Herrrrlich!
Auf dem Höhenanzeiger sehe ich, wie die Maschine langsam auf 300m kommt. Perfekte Höhe! Man sieht noch viel! Schön ist es hier! Viele Felder Wälder, kleine Häuser und grosse Bauernhöfe und viel Weite. Unten schlängelt sich die Aare durch das weite Land.
Rolf zeigt mir links und rechts so einige kleine Sehenswürdigkeiten. Wir fliegen mit ca. 150 Sachen durch den Himmel. Hinter der Scheibe merkt man vom Wind nicht viel, doch beim links und rechts rausgucken ist er da. Auch an den dünnen Drahtseilen und den mit Stoff bezogenen Seitenflügeln ruckelt er ganz schön heftig. Aber ich fühl mich nicht nur sicher, sondern frei!
Erst jetzt merke ich, dass ja auf meiner Lederkappe noch eine Brille sitzt. Damit geht es auch besser beim rausschauen.
Um sich unterhalten zu können, drosselt Rolf kurz den Motor. Immer wieder fragt er mich, wie es mir geht. Toll, super, fantastisch, herrlich, ich geniesse in vollen Zügen und grinse übers ganze Gesicht vor mich hin.
Dann geht es Richtung Bielersee, wo sich tausende kleiner Boote tummeln. Und in den Häfen hat es noch mehr. Erlach hat eine tolle Altstatt und auch an Magglingen, der Sportschule, und dem Swatchgroup Hauptsitz fliegen wir vorbei. Zwei Gleitschirmflieger sind auf der selben Höhe wie wir, do wir lassen sie rechts liegen und fliegen weiter.
Übrigens, es geht höher und höher bis 1000 Meter. Ich wappne mich schon. Rolf fragt mich jedoch nochmals, ob ich die Loopings noch machen will. Ich bejahe, auch wenn mir das Herz grad in die Hose rutscht. Mein Handy klemme ich im Gurt ein und halte mich an den Seitenstangen fest. Schon geht es mit 180 Sachen runter und wieder rauf, rauf, rauf und wir stehen Kopf, dann der Moment, wo der Magen kurz Salto macht und schon sind wie wieder gerade.
Dann eine Schraubdrehung nach rechts und eine nach links.
Doch das schlimmste ist eindeutig der Looping mit halber Drehung. Doch das war’s dann auch. Mir geht es gut.
Wir fliegen weiter Richtung Neuenburgersee und drehen nach links zum Murtensee, umkreisen die Altstadt von Murten. Ein wirklich hübsches Städtchen mit intakter Stadtmauer und Mauertürmchen, wie man sie von Rothenburg ob der Tauber auch kennt.
Erst jetzt revoltiert mein Magen. Ich hab Angst, dass mir das Mittagessen wieder hochkommt und das ganze tolle Erlebnis in einem Disaster endet.
Ich suche den Horizont und atme trief durch.. Vorne am Cockpit klemmt eine Kotztüte, doch ich brauch sie nicht.
Wir fliegen zurück, über die riesigen Gemüsefelder des Seelands. Ich geniesse es wieder und bin glücklich diesen Traum verwirklicht bekommen zu haben.
Grade denke ich, eigentlich sind diese Maschinen früher oft auf Feldern und Wiesen gelandet oder gestartet, da sagt mir Rolf, dass wir nun zur Landung ansetzen.
Der Flieger ist ein bisschen schief und die Landepiste scheint zu weit recht und zu tief unten. Kommt das gut? Er landet jedoch nicht dort sondern auf dem Grass daneben – der eigentlichen Landepiste. Er setzt so sanft auf und rollt auch so weiter, dass man es fast nicht merkt.
Schade, jetzt ist es auch schon wieder vorbei.
Das abschnallen und rausklettern ist dann nochmals etwas kniffelig. Ein paar letzte Fotos. Und ich muss Abschied nehmen, aber ich bin von dem Adrenalin und dem tollen Erlebnis noch immer auf einem absoluten Hoch. Grinse meinem Mann und meiner Mutter zu, die unten auf mich in der Hitze gewartet haben.



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